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Sprache

Positionen der agah

Die (deutsche) Sprache beziehungsweise der Spracherwerb stellen für Menschen mit Migrationshintergrund eine besonders große Herausforderung dar. Viele Menschen mit Migrationshintergrund verfügen allerdings über Kenntnisse in mehreren Sprachen und praktizieren in ihrem Alltag regelmäßig Mehrsprachigkeit.

Diese Mehrsprachigkeit muss als ein Reichtum für den Einzelnen und für die gesamte Gesellschaft betrachtet werden. Der Aspekt Mehrsprachigkeit gewinnt auch zunehmend als wichtige Ressource im Wirtschaftsleben an Bedeutung. Aber auch unabhängig von der Frage nach der „ökonomischen Verwertbarkeit" einer solchen Qualifikation ist Mehrsprachigkeit prinzipiell zu begrüßen und dementsprechend auch zu fördern: Sich in gleich mehreren Sprachen verständigen zu können ist eine enorme kulturelle Bereicherung, die oftmals einhergeht mit Wertschätzung, Respekt und Toleranz für andere Kulturen und Weltanschauungen.

Die Europäische Kommission hat mit dem jährlichen „Europäischen Tag der Sprachen" diese Bedeutung entsprechend gewürdigt. Der Erhalt, die Förderung und der Ausbau von Mehrsprachigkeit ist erklärtes Ziel der Europäischen Kommission und soll zukünftig in den Mitgliedsstaaten noch stärker forciert werden.

Menschen mit Migrationshintergrund, die häufig über Mehrsprachigkeits-Kompetenz verfügen, erfüllen bereits heute dieses Ziel. Insofern muss Mehrsprachigkeit als Qualifikation auch von der hessischen Landespolitik gebührend anerkannt werden. Eine einseitige Fixierung auf die Vermittlung der deutschen Sprache beziehungsweise die Deutsch-Sprachförderung als vorrangige Aufgabe würde den Aspekt „Mehrsprachigkeit" vernachlässigen oder gänzlich ausklammern. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch nicht, der Vermittlung von Deutsch-Sprachkenntnissen keine Bedeutung einräumen zu wollen. Ganz im Gegenteil: Ausreichende Deutsch-Sprachkenntnisse stellen die grundlegende Basis für die individuelle Entwicklung, Teilhabe und die Wahrnehmung von Bildungs- und Berufschancen dar. Dies muss weiterhin vermittelt werden, wobei die Akzeptanz hierfür vermutlich auch davon abhängt, welche Bedeutung staatlicherseits der Herkunftssprache beigemessen wird.

Spracherwerb soll gefördert werden durch

  • eine Bündelung der ministeriellen Kompetenzen (Sozialministerium, Kultusministerium) in einem Ressort zur Vermeidung von „Reibungsverlusten" und zur Verwirklichung eines möglichst ganzheitlichen Ansatzes des Spracherwerbs und der Sprachförderung
  • die Initiierung eines „Hessischen Tags der Sprachen" um die generelle Bedeutung von Sprache und die besondere Bedeutung von Mehrsprachigkeit öffentlichkeitswirksam darzustellen. Hierbei muss auch hervorgehoben werden, dass Spracherwerb nicht ausschließlich in Sprachkursen und/oder im Rahmen des Regelunterrichts in Schulen erfolgt, sondern ebenso durch Interaktion (Kontakte, soziale Beziehungen, etc.)
  • eine genaue Analyse des Analphabetismus-Problems und dessen umfassende Berücksichtigung in Kindergarten, Schule und Erwachsenenwelt. Bei Alphabetisierungsbedarf sind entsprechende Angebote flankierend zu organisieren. Eine frühere Kampagne der Bundesregierung zum Problemfeld „Analphabetismus" sollte möglicherweise als Vorbild für eine hessische Aktion mit gleicher Zielrichtung dienen, die jedoch auch den Personenkreis der Menschen mit Migrationshintergrund als Zielgruppe gebührend berücksichtigt
  • eine umfassendere Betrachtung des Themas „Sprache",  bei der auch den Aspekten  Mehrsprachigkeit und Wertschätzung für die Herkunftssprache verstärkt Rechnung getragen wird. Eine solche Betrachtungsweise wäre ein wichtiger Baustein zum Abbau der Stigmatisierung bei fehlenden oder unzureichenden Deutsch-Sprachkenntnissen
  • ein flächendeckendes Angebot von Qualifizierungsmöglichkeiten CSprachkurse, Trainings, Workshops, etc.), das auch den ländlichen Raum Hessens berücksichtigt. Prinzipiell sollte darauf geachtet werden, dass alle Angebote kostengünstig und somit für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer finanzierbar sind. Im Kontext mit der geplanten Erhöhung der Stundenzahl für die Deutschkurse gemäß dem Zuwanderungsgesetz von 600 auf 900 Stunden ist darauf zu achten, dass dies nicht zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung der Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer führt. Entsprechende Landesmittel sollten mögliche Kostensteigerungen kompensieren.

Materialien

Sprachförderung von  Migrantinnen und Migranten: Notwendigkeiten und Strategien

Stellungnahme der agah in der Anhörung der Enquetekommission des Hessischen Landtags "Migration und Integration" am 17.03.2011