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Schule

Positionen der agah

Schule und Bildung stellen für alle Kinder und Jugendliche einen entscheidenden Baustein in ihrer Entwicklung und Sozialisation dar. Schule und Bildung haben heute mehr denn je Einfluss auf den individuellen Lebensweg und die Teilhabe am späteren gesellschaftlichen Leben. Schule als Ort des Lernens, der Begegnung, des Miteinanders, der Freude aber auch der Schwierigkeiten und Probleme ist gesellschaftliche Realität. Zu ihr gehört jedoch auch die ernüchternde Erkenntnis, dass Vieles nicht „rund läuft". Die verschiedenen Bildungsstudien (von PISA bis IGLU) legen hiervon Zeugnis ab. Oftmals klaffen Anspruch und Wirklichkeit erheblich auseinander. Dies betrifft auch und insbesondere das hessische Schul- und Bildungssystem, in dem vor allem Schülerinnen und Schüler aus Zuwandererfamilien Gefahr laufen, „abgehängt" zu werden. Die in den letzten Jahren in Hessen vorgenommenen schulorganisatorischen Veränderungen (z. B. faktische Abschaffung der Förderstufe und der integrierten Gesamtschule, Schulzeitverkürzung und Stoffverdichtung, etc.) haben diesen Trend beschleunigt. Aus dieser hinlänglich bekannten Erkenntnis ergeben sich Konsequenzen, deren Behebung und Lösung keinen weiteren Aufschub zulässt. Systemimmanente Benachteiligungen für bestimmte Schülergruppen (in erster Linie Kinder mit Migrationshintergrund) sind so offenkundig, dass sie hier nicht näher beschrieben werden müssen. Ob die Migrantenquote bezüglich der Zahl der Schulabbrecher und hinsichtlich des gymnasialen Bildungsganges oder ihr Anteil unter den Haupt- und Förderschülern: In hohen Bildungsniveaus sind sie unterpräsentiert, in niedrigen Bildungsniveaus überrepräsentiert. Auf ein die Chancengleichheit gewährleistendes Schul- und Bildungssystem lassen solche Fakten nicht schließen.

Notwenig ist daher

  • ein Eingeständnis, dass die bisherige Schul- und Bildungspolitik in Hessen bezogen auf die Verwirklichung der Chancengleichheit und den Abbau von Benachteiligungen - insbesondere gegenüber Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund - erfolglos war.
  • ein grundlegender und umfassender organisatorisch-struktureller und inhaltlicher Paradigmenwechsel in der Schul- und Bildungspolitik. Hierbei sind unter anderem folgende Aspekte zu beachten: langes gemeinsames Lernen, Binnendifferenzierung statt Kurseinstufung, flächendeckende Förderstufe und gebührende Berücksichtigung individueller Entwicklungsphasen, Ausbau der integrierten Gesamtschule, Abschaffung der Haupt- und Förderschulen und Förderung in der Regelschule (z.B. Integrationsklassen) Wir fordern eine flächendeckende qualifizierte Ganztagsschule in Hessen und ein gemeinsames Lernen der Schülerinnen und Schüler über mindestens 8 Jahre ohne Selektion nach der vierten Klasse. Die bereits gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen in Bezug auf die Förderung in der Regelschule müssen besser umgesetzt  werden, indem der Mangel an personellen und räumlichen Ressourcen behoben wird.
  • die Entwicklung neuer Unterrichtskonzepte und -formen, die der Verwirklichung der Chancengleichheit dienen und die den Besuch von Nachhilfestunden entbehrlich machen
  • eine Fortsetzung der umfassenden Analyse und gegebenenfalls die hieraus resultierende notwendige  Überarbeitung der schulgesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen zur Verwirklichung vorgenannter Ziele.
  • eine signifikante Erhöhung des Haushaltsansatzes für das Kultusministerium (Stichwort „mehr Geld für Bildung") und forcierte Neueinstellung von Lehrerinnen und Lehrern (insbesondere im Grundschulbereich). Das Kultusministerium initiiert gemeinsam mit der agah eine Kampagne, um Abiturientinnen und Abiturienten mit Migrationshintergrund für das Lehramtsstudium zu werben.
  • die grundsätzliche Einführung von G9 und die Rücknahme der Möglichkeit der Querversetzung sowie eine grundlegende Verbesserung des Konzeptes „Unterrichtsgarantie Plus"
  • eine umfassende Überarbeitung der Schulbücher und Lernmaterialien im Kontext der multikulturellen Realität.
  • eine grundlegende Reform der Lehrerausbildung unter besondererBerücksichtigung der interkulturellen Qualifizierung. Bis dahin sind Lehrerinnen und Lehrer anzuhalten, sich interkulturell fortzubilden.
  • der Ausbau eines reformierten Muttersprachlichen Unterrichts (MSU) im Rahmen eines Gesamtkonzeptes für das Sprachenlernen in der Schule, da Mehrsprachigkeit (z.B. MSU als 2. Fremdsprache) zunehmend an Bedeutung gewinnt und der Erhalt der Herkunftssprache für die Schüler mit Migrationshintergrund eine wichtige Hilfe beim Erwerb der deutschen Sprache ist. Außerdem schafft die Pflege der Muttersprache an den Schulen ein Klima des Vertrauens. Sie erhöht die Lernmotivation der Kinder und ihre Bereitschaft, sich mit der Schule und auch diesem Land zu identifizieren. Sie schafft bessere Voraussetzungen für die Zusammenarbeit mit den Eltern. Die Sprachenpalette für die 1., 2. und 3. Fremdsprache an weiterführenden Schulen soll mit der Möglichkeit, diese als Abitur- und Prüfungsfach zu wählen, erweitert werden. Der Muttersprachliche Unterricht soll zukünftig wieder in der Verantwortung des Hessischen Kultusministeriums liegen. Er muss didaktisch, pädagogisch und methodisch überarbeitet und mit dem Regelunterricht vernetzt werden. Vor allem mit dem Deutschunterricht können sich Synergieeffekte bezüglich des Deutschlernens ergeben. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Alphabetisierungsphase in den ersten beiden Schulklassen.

Materialien

"Unser Kind kommt in die Schule" - Informationen für zugewanderte Eltern

Hrsg.: agah, Hessisches Kultusministerium, Wiesbaden 2009


"Bildungsstandards und Inhaltsfelder" - Das neue Kerncurriculum für Hessen, Primarstufe Islamische Religion

Präsentation von Frau Nurgül Altuntas, Hessisches Kultusministerium 13.05.2013


"Schwierigkeiten beim Lesen, Rechtschreiben oder Rechnen"

Handreichung zur Umsetzung der Verordnung VOLRR vom 18.05.2006, Herausgeber: Hessisches Kultusministerium, Stand: 2007